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Fakultät Maschinenbau

Verdünnte Spaltströmungen in trockenlaufenden Vakuumpumpen mit bewegter Berandung beliebiger Richtungen

Projektbeschreibung

Untersuchung von Spaltströmungen, mit dem Ziel einer verbesserten Abbildungsgüte des Betriebsverhaltens von Vakuumpumpen

Die Anwendung der Vakuumtechnik ist heutzutage unverzichtbar in vielen Bereichen der Forschung und Technik. Sie wird bei der Herstellung von mikroelektronischen Bauteilen, beim Verpacken von Lebensmitteln, der Entgasung von Flüssigkeiten, beim Gießen von Metallen - um nur wenige Bereiche zu nennen - angewendet. In der Wissenschaft findet man die Anwendungen der Vakuumtechnik u. a. in der Elementarteilchenphysik, Materialforschung und Plasmaforschung etc.

Die Anwendungsgebiete der Vakuumtechnik umfassen einen Druckbereich von etwa 15 Dekaden, von 10-10 Pa bis 105 Pa, d.h. dass Gasströmungen von der freien molekularen Strömung bis hin zu den Kontinuumsströmungen behandelt werden müssen. Die Auslegung und Entwicklung von Vakuumpumpen stellt für diese Druckbereiche eine besondere Herausforderung dar.

Vakuum zu erzeugen und unter verschiedensten Arbeitsbedingungen aufrecht zu erhalten, ist heute mit den zur Verfügung stehenden Vakuumpumpen zur Routine geworden. Allerdings besitzen die vakuumerzeugenden Pumpen, deren Bauformen sehr mannigfaltig sind, ein Optimierungspotential, das bei ständig steigenden Energiekosten genutzt werden sollte.

Das Betriebsverhalten insbesondere der Verdränger-Vakuumpumpen wird vornehmlich durch die Größe und Gestaltung der Spalte in der Maschine, z. B. zwischen Rotor und Gehäuse, bestimmt. Die Gestaltung des Spaltes und die Beherrschung der Spaltströmungen in den verschiedenen Druckbereichen vom Ultrahochvakuum bis hin zum Kontinuumsbereich sind entscheidend für eine zielgerechte Auslegung und Optimierung einer Vakuumpumpe. Dabei sind nicht nur die Massenströme durch die Spalte von Interesse, sondern auch zusätzlich der Wärmeübergang.

Die Modellierung der Strömung in Vakuumpumpen wird durch die nachfolgend aufgelisteten Eigenschaften anhand der Knudsenzahl Kn charakterisiert, welche das Verhältnis der mittleren freien Weglänge der Moleküle zu einer charakteristischen Länge der Geometrie bildet:

  • Die Strömung muss für einen großen Druckbereich modelliert werden, der sich von der Kontinuumsströmung bis hin zur molekularen Strömung erstreckt. Im Kontinuumsbereich (Kn < 0,01) gelten die Navier-Stokes Gleichungen, die ihre Gültigkeit im verdünnten Bereich verlieren.
  • Liegt für eine Spaltströmung eine Knudsenzahl im Bereich zwischen 0,01 < Kn < 0,1 vor, so spricht man vom Bereich der Gleitströmung, in der die Haftbedingung an der Wand nicht mehr gilt, sodass ein Geschwindigkeitsschlupf und ein Temperatursprung betrachtet wird.
  • Für Knudsenzahlen 0,1 < Kn < 10 kommen intermolekulare Stöße und Teilchen-Wand-Interaktionen ungefähr gleich oft vor. In diesem Bereich spricht man von der Übergangs- oder Knudsenströmung, welche auf Grundlage der Boltzmanngleichung beschrieben werden kann.
  • Für Knudsenzahlen Kn > 10 treten Teilchen-Wand-Interaktionen wesentlich häufiger vor als intermolekulare Stöße, sodass letztere vernachlässigt werden können und man spricht von einer freien molekularen Strömung.
  • Der Einfluss einer bewegten Berandung im Bereich der verdünnten Spaltströmung ist nicht unerheblich und muss daher bei der Modellierung berücksichtigt werden, da jedes Molekül, das mit der Wand interagiert eine Vorzugsrichtung in Richtung der bewegten Berandung aufgeprägt bekommt.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird die Spaltströmung in trockenlaufenden Vakuumpumpen in Simulation und Experiment untersucht. Der Fokus liegt hierbei auf den knudsenzahlabhängigen Randbedingungen der Spaltmassenströme zwischen zwei gekapselten Arbeitskammern, die durch eine Bewegung der Berandungen in und quer zur Strömungsrichtung beeinflusst werden. Dabei zeigt sich, dass bei verdünnter Gasströmung aufgrund der Rotation kein homogener Zustand inneihalb einer Arbeitskammer auftritt, sondern dass sich ein Druckgradient entlang der Arbeitskammer einstellt. Dieser sorgt dafür, dass der Ein- und Austrittsdruck entlang der Spaltbreite des Gehäusespalts nicht konstant sind und für den Radial und Profileingriffsspalt stark vom mittleren Kammerdruck abweichen können. Dies kann anhand eines vereinfachten Modells, welches in Abbildung 1 dargestellt ist, gezeigt werden, bei der eine Arbeitskammer ohne Steigung simuliert wird, die über den Radialspalt mit sich selbst verbunden ist. Da die Abmaße der Arbeitskammer verglichen mit den anliegenden Spaltverbindungen verhältnismäßig groß sind, liegen trotz der geringen Drücke Knudsenzahlen im Bereich der Gleitströmung statt, sodass die Berechnung mittels CFD auf Grundlage der Navier-Stokes-Gleichung mit Schlupfrandbedingungen durchgeführt werden können. In dem Modell sind alle Berandungen Wände, sodass die initialisierte Masse sich während der Berechnung nicht ändert. Aufgrund der Rotation stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Couette- und Poiseuille-Strömung ein, welches einen Druckgradienten entgegen der Rotationsrichtung verursacht, der mehr als eine Dekade betragen kann. Der Druckverlauf im z-Schnitt in der Kammermitte ist in Abbildung 2 dargestellt.

Hierauf aufbauend wird ein Versuchstand zur Vermessung des Druckgradienten innerhalb einer Arbeitskammer entwickelt, über welchen die Randbedingungen der anliegenden Spalte ermittelt werden können. Die in Abbildung 3 gezeigte Skizze zeigt den prinzipiellen Aufbau. Hierbei befindet sich die Vakuumkammer im Lückenraum zwischen einer drehbar gelagerten Welle und dem einschließenden Gehäuse. Durch die Fertigung von verschiedenen Scheiben soll das Verhältnis von Kammerhöhe  zu Kammerbreite  variiert werden. Über eine Gegenkontur in Form des Kopfkreises eines Gegenrotors wird die Arbeitskammer unterbrochen, sodass hier analog zur Maschine ein Radial- und ein Profileingriffsspalt entsteht. Zur Ermittlung des Druckverlaufs wird auf beiden Seiten der Gegenkontur der statische Druck über Absolutdrucksensoren in Kaskadenanordnung gemessen. Eine dritte Druckmessstelle befindet sich im Rezipienten auf der gegenüberliegenden Seite der Gegenkontur. Dieser ist über ein Sperrventil mit Vakuumpumpen verbunden und hat über ein Drosselventil eine Verbindung zur Atmosphäre, sodass der mittlere Druck in der Arbeitskammer über die Steuerung der Ventile eingestellt werden kann. Um die Leckage innerhalb des Versuchaufbaus möglichst gering zu halten, werden alle Verbindungen zur Atmosphäre mit O-Ringen abgedichtet. Zu diesem Zweck kommt eine Magnetkupplung zum Einsatz, die eine Abdichtung des Antriebsstrangs ermöglicht.

Neben der Durchführung des Experiments und dem Vergleich mit den Simulationen mittels CFD wird eine eindimensionale Theorie zur Beschreibung der verdünnten Strömung in Spalten aus der Literatur adaptiert und so erweitert, dass sie auf die Arbeitskammer angewendet werden kann. Dabei zeigt sich eine gute Übereinstimmung zwischen Messergebnissen, CFD-Simulationen und 1D-Simulationen. Dabei zeigt sich, dass der inhomogene Kammerdruckverlauf insbesondere die Kammerfüllung stark beeinflusst. Die Ergebnisse sind im umfangreichen Abschlussbericht zusammengefasst.

Abbildung 1: Grob diskretisiertes CFD-Modell für eine Vakuumkammer ohne Steigung mit rotierenden Zahnflanken und Begrenzung durch den Nebenrotor. Simulationsgrenzen sind Wände mit Schlupfrandbedingung, sodass die initialisierte Masse konstant bleibt.
Abbildung 2: Druckverlauf im z-Schnitt in der Kammermitte. Es stellt sich aufgrund der Rotation durch die Überlagerung von Couette- und Poiseuille-Strömung ein kontinuierlicher Druckverlauf entlang der Arbeitskammer ein.
Abbildung 3: Prinzipskizze des geplanten Experiments zur Messung des Druckverlaufs in der Arbeitskammer.

Ansprechpartner


Kooperation / Förderung

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) (IGF-Vorhaben Nr.: 19859 N/1) und des Forschungskuratoriums Maschinenbau (FKM) gefördert.